…wie viel leichter wäre Politik! Dann wäre z.B. die Frage über Videoüberwachung schnell geklärt: man ist prinzipiell dafür oder eben prinzipiell dagegen – basta! Was aber tun, wenn man das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Sicherheit ernst nehmen will, die auf den ersten Blick doch so unvereinbar erscheinen? Es bleibt nur die differenzierte Einzelfallentscheidung! So getroffen von Michael Rochlitz und mir als wir für die Freigabe der Mittel für Kameras an den ÖPNV-Umsteigeknotenpunkten Bismarckplatz und Hauptbahnhof gestimmt haben. Beide Rechte sind vom Grundsatz her bedeutungsvoll! Es gilt, sie im Hinblick auf Zweckbestimmung und Verhältnismäßigkeit abzuwägen.
Die Zahl der Delikte der Straßenkriminalität ist v.a. auf dem Bismarckplatz und am Hauptbahnhof deutlich angestiegen. Beide Plätze sind in ihrer Hauptfunktion für den ÖPNV von Bedeutung: sind die zentralen Umsteigeknotenpunkte. Sie werden von vielen Menschen nicht freiwillig angesteuert, sondern als wichtiger Teil ihres täglichen Weges. Um das Sicherheitsgefühl der Passagiere und die Aufklärungsquote von Delikten zu erhöhen, sind in den Bussen und Bahnen bereits Kameras installiert – mit Erfolg. Nicht so an den Knotenpunkten. Die SPD fordert seit langem, dort die Polizeipräsenz zu erhöhen statt Kameras zu installieren. Die Personalstärke der Polizei lässt dies nicht zu – hier steht das Land in der Pflicht! Als Stadt nun abwarten und nichts tun, ist angesichts der jüngsten Zahlen der Kriminalstatistik keine Alternative. Zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls der ÖPNV-Nutzer an den Umsteigepunkten ist eine Kameraüberwachung eine zweckdienliche und verhältnismäßige Maßnahme. Daraus kann aber keinesfalls abgeleitet werden, dass eine Kameraüberwachung per se eine richtige Maßnahme wäre. Eine Überwachung z.B. der Neckarwiese ist als massiver Eingriff in die Privatsphäre des Einzelnen klar und eindeutig abzulehnen. So ist es eben mit der Realität – es gibt keine einfachen Antworten- und das ist gut!

Prof. Dr. Anke Schuster