Erneut sind in Heidelberg 100 industrielle Arbeitsplätze bedroht. Seit Juli 2016 läuft für Haldex ein Bieterverfahren am Aktienmarkt. In Deutschland hat der schwedische Konzern im Wieblinger Werk noch rund 100 Beschäftigte (weltweit 2 100).

Aktuell prüfen die Kartellbehörden in USA und Europa, ob Knorr-Bremse, Marktführer bei Nutzfahrzeugbremsen, den Konkurrenten Haldex übernehmen darf. Knorr hat mit einem 580 Millionen Euro-Ange¬bot ZF und SAF Holland ausgestochen. Insbesondere die Übernahme durch ZF hätte für Haldex strategisch Sinn gemacht und für den Standort und die Beschäftigten in Heidelberg eine Chance geboten.

Die ca. 8 000 Haldex-Aktionäre haben sich für das Angebot von Knorr-Bremse und gegen das industrielle Konzept von ZF entschieden. Knorr hat 125 schwedischen Kronen pro Aktie (13 Euro) geboten. Das Angebot von ZF lag bei 120 Kronen.

Obwohl klar war das mit der Präferenz auf das Knorr-Angebot eine lange Prüfung durch die Wettbewerbsbehörden bevorstand, da Knorr selbst mit allen acht Haldex-Hauptproduktlinien in Konkurrenz steht, war für die Aktionäre Geld wichtiger als ein industrielles Zukunftskonzept. Die Gier nach fünf schwedischen Kronen mehr könnte für die Beschäftigten und am Ende selbst für die Aktionäre teuer werden.

Lehnen die Kartellämter den Deal ab, ist die Zukunft von Haldex ungewiss. Durch die bereits über ein dreiviertel Jahr dauernde Hängepartie ist Haldex geschwächt. Nun hat Knorr erneut eine Verlängerung der Übernahmefrist beantragt und könnte damit den Konkurrenten am ausgestreckten Arm regelrecht verhungern lassen. Ob es tat¬sächlich zu einer Übernahme kommt, wird sich zeigen.

Der Heidelberger Traditionsbetrieb (bis 1998 GRAU-Bremse) hatte im Pfaffengrund ehemals 930 Beschäftigte und 2002 mit Hilfe der Stadt neu gebaut. Nun könnte er endgültig Industriegeschichte werden. Den letzten 100 Beschäftigten und ihren Familien würde dann Arbeitslosigkeit drohen. Betriebsrat und IG Metall Heidelberg fordern von Knorr-Bremse im Fall einer Übernahme Erhalt aller Arbeitsplätze und die Beibehaltung der Tarifbindung.

Die Kundgebung des DGB in Heidelberg zum 1. Mai (11 Uhr, Marktplatz) bietet Anlass auf diese Umstände erneut aufmerksam zu machen.

Mirko Geiger